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Tourismus

Jungbrunnen Selb: Der Ort für Kultur, Begegnung und Vielfalt

In unserem heutigen Gespräch geben wir spannende Einblicke in die Arbeit und Visionen hinter einem besonderen Projekt in Selb. Ich freue mich sehr, zwei engagierte Persönlichkeiten aus dem Team des Jungbrunnen Selb begrüßen zu dürfen: Michael Pauker, Geschäftsführer, sowie Tobias Tengler-Boehm, Stammgast, Mitglied des Vereins Jungbrunnen Selb e.V., und verantwortlich für Öffentlichkeitsarbeit und Mediengestaltung.

Gemeinsam wollen wir über die Bedeutung des Jungbrunnens für Selb, seine Entwicklung und die Herausforderungen sprechen, die die Arbeit in einem kreativen und kulturellen Umfeld mit sich bringt. Ich bin Lena Kristen vom Amt für Stadtmarketing und Tourismus der Stadt Selb und lade Sie ein, mit uns hinter die Kulissen dieses inspirierenden Projekts zu blicken.

 

Lena Kristen (Interviewer): Michael, Tobias, ihr seid jetzt in Selb tätig, aber wie kam es dazu, dass du, Michael, nach Selb gezogen bist?

Michael Pauker: 2021 bin ich von Bregenz, Österreich, zurück in die Region gezogen. Dort war ich Teil eines Vereins für Freizeit- und Kulturveranstaltungen, der „Tankstelle“. Wir haben dort viele soziale und kulturelle Angebote gemacht, wie Mittagstische, Literaturtreffs oder eine Nähwerkstatt. Ich wollte damals etwas Neues starten, aber nicht komplett in eine andere Richtung gehen. Da ich in Selb meine Wurzeln habe, lag es nahe, hierher zurückzukommen.

Nach meiner Ankunft war ich schnell auf der Suche nach einer Möglichkeit, wie ich die Ideen aus Bregenz in Selb umsetzen könnte. Besonders motiviert hat mich der „schwarze Peter“, der kurz vorher in Selb eröffnet hatte. Nach einem Besuch dort hatte ich den Drive, dass auch hier etwas Ähnliches wie in Bregenz möglich ist. Selb bietet eine gute Grundlage für solche Projekte – man vernetzt sich leicht, spricht sich schnell herum und die Kulturszene ist offen.

Ein Jahr nach meinem Umzug und mit den Lockerungen der Coronabeschränkungen haben wir dann den Jungbrunnen eröffnet.

Lena Kristen: Und wie ging es nach der Eröffnung weiter?

Michael Pauker: Ende 2023 haben wir dann den Verein Jungbrunnen Selb e.V. gegründet. Vorausgegangen war ein Workshop mit Gästen, Kulturschaffenden, Freunden und sogar Politikern, um zu besprechen, wie es nach der ersten Euphorie weitergehen soll. Der Fokus lag auf Unterstützung und Finanzierung. Im Sommer 2024 war die offizielle Anmeldung des gemeinnützigen Vereins abgeschlossen. Das soll auch so bleiben – wir wollen keinen kommerziellen Ansatz verfolgen.

Lena Kristen: Du hast also schon in Bregenz eine Bar geführt. Konnte das Konzept komplett nach Selb übernommen werden?

Michael Pauker: Nicht eins zu eins, aber die Grundidee schon: eine Mischung aus Bar und kulturellem Treffpunkt. Dienstags haben wir beispielsweise als Bar geöffnet, aber Besucher können auch immer die aktuellen Ausstellungen ansehen. Unser Programm ist insgesamt breit gefächert – etwa 60–70 % davon sind Konzerte, die übrigens immer ganz gemütlich im Sitzen angehört werden können. Wir bieten aber auch Vorträge, Kneipenquiz, Talkrunden, Theater oder sogar eine Zaubershow an. Besonders sind auch unsere Ausstellungen, in denen wir vor allem regionale Künstler präsentieren, wie Flo Miedl, Eva Konz oder Funzl. Das nächste Kneipenquiz findet im März statt, das Format wird sehr gut angenommen.

Lena Kristen: Was ist euch bei den Veranstaltungen wichtig?

Michael Pauker: Unser Anspruch ist es, ein abwechslungsreiches Programm zu bieten, das viele Geschmäcker abdeckt. Im Winter setzen wir eher auf kleinere Besetzungen, meist Singer-Songwriter, aber auch mal Elektro oder Punk. Im Sommer haben wir größere Bands mit bis zu fünf Mitgliedern, die dann oft draußen unter der Kastanie spielen. Bei den Acts handelt es sich meist um internationale, hauptberufliche Künstler. Besonders schön ist, dass unser Publikum bunt gemischt ist und das Konzept gut angenommen wird – wir arbeiten nach dem Prinzip „Eintritt frei, Hut geht rum“, und die Künstler werden fair entlohnt.

Auch die Nachbarschaft unterstützt uns sehr. Es gab noch nie Beschwerden, und bei den Veranstaltungen hilft das Publikum oft noch mit beim Aufräumen und benimmt sich tadellos. Das Miteinander in Selb ist wirklich besonders.

Tobias Tengler-Boehm: Wir sind auch stolz darauf, offizielle Filmtage-Kneipe sein zu dürfen. Die internationalen Filmteams treffen sich bei uns, es gibt Vorführungen und Vorträge. Die Gespräche und Zusammentreffen in dieser Zeit sind einmalig.

Lena Kristen: Was sind eure Pläne für die Zukunft?

Michael Pauker: Wir wollen weiterhin ein nicht-kommerzielles Angebot in Selb schaffen. Dafür suchen wir neue Mitglieder für den Verein, um die Finanzierung breiter aufzustellen. Aktuell haben wir 40 Mitglieder. Je mehr mitmachen, desto hochwertiger und vielfältiger können wir das Programm gestalten. Die Mitgliedschaft beginnt bei 25 €, mit der man die Kultur unterstützt. So ein Angebot lässt sich nicht durch reine Getränkeverkäufe finanzieren. Wir wollen es schaffen, ohne finanziellen Druck ein wertvolles und ausgewähltes Programm anbieten zu können.

Außerdem denken wir über neue Formate nach, wie Kunstworkshops für Kinder. Schon jetzt planen wir gemeinsame Veranstaltungen mit der neuen Biermanufaktur in Selb – der erste Ausschank ist am 10. Dezember, weitere folgen im Frühjahr. An Heiligabend haben wir eine alte Selber Tradition wiederaufleben lassen: Ab 22:00 Uhr kann man sich nach dem großen Familienessen zu Musik vom DJ mit alten Schulfreunden treffen und den Abend ausklingen lassen. Außerdem haben wir, wie im letzten Jahr, wieder ein Konzert am Donnerstag vor dem Wiesenfest geplant, das kam sehr gut an.

Tobias Tengler-Boehm: Unser generelles Ziel bleibt: Wir wollen die Leute motivieren, auch außerhalb von Großveranstaltungen rauszugehen. Der Jungbrunnen soll ein Ort sein, an dem man sich trifft, auch wenn man alleine kommt. Hier kann man neue Leute kennenlernen und sich einfach wohlfühlen. Im Winter gemütlich in kleiner Runde und im Sommer viel mit Laufkundschaft, die durch die Musik im Stadtgebiet angelockt werden. Unser Jahreshighlight war das Bushida-Konzert, bei dem rund 200 Besucherinnen und Besucher im Jungbrunnen waren.

Nach meiner Zeit in Nürnberg war ich sehr überrascht, wie locker die Stadt mit der Verfügung über die Außenflächen umgeht. Das läuft hier, anders als in Großstädten sehr unbürokratisch und einfach ab. Außerdem wird hier nicht mit dem Maßband die genaue Fläche nachgemessen – das kenne ich anders und ist sehr erfrischend!

Lena Kristen: Das klingt nach einem tollen Konzept! Vielen Dank, Michael und Tobias, für das Gespräch und euren Einsatz für die Kulturszene in Selb.